„Vintage Passion” heißt die neue Fläche auf der opti. In der !Hot-Area in Halle C1 stehen Klassiker, die einen Zeitgeist ausstrahlen, im Rampenlicht. Schließlich ist die Nachfrage nach den Originalen ungebremst. Das Klassentreffen von Sammlern aus Europa, Liebhabern, Augenoptikern und Designern wird durch tägliche Gespräche, wie den Vintage-Summit oder den Talk „Design-Ikone trifft Design-Rookie” auf dem opti-Forum, flankiert.
Doch was heißt eigentlich Vintage? Welche Auswirkungen hat dieser Trend auf Augenoptiker und Industrie? Und warum macht Retro den Menschen glücklich? Eine Designkoryphäe, ein Sozialpsychologe und eine Designerin antworten.
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„Ein guter Jahrgang“
Gibt man bei Google die Begriffe „Vintage+Spectacle” ein, so zeigt die Suchmaschine über 719.000 Treffer an. Doch was versteckt sich hinter dem Begriff Vintage? Einer, der es wissen muss, ist die Designikone Robert La Roche. „Vintage bedeutet ,ein guter Jahrgang’. Brillen, die diesen Namen verdienen, sind Originale ab den 50er Jahren“, erläutert er. „Sie sorgten zu ihrer Zeit für Gesprächsstoff und stehen stellvertretend für eine Zeitepoche. Sie sind garantiert ungetragen und stammen aus alten Lagerbeständen von Manufakturen oder Augenoptikern.”
Die original La-Roche-Fassungen aus den Jahren 1973 bis 1999 genießen aufgrund ihrer Formen, ihres Materials und der „Liebe zum Detail” mittlerweile Kultstatus. Eine Anlaufstelle für Liebhaber der Originale ist immer noch das gut bestückte Archiv von Robert La Roche in Wien. Über seine bis zum heutigen Tag anhaltende Leidenschaft für gutes Brillendesign wird sich La Roche auf dem opti-Forum mit Design-Newcomern unterhalten. Am Sonntag, den 29. Januar 2017 um 15.20 Uhr, ist er Gast beim Gespräch „Design-Ikone trifft Design-Rookie”.
Vintage als Inspirationsquelle
Vintage-Fassungen üben vor allem auch auf die Fassungsdesigner der nächsten Generation eine große Anziehungskraft aus. So ist das „Pantheon der Fassungen” – u.a. auf der Fläche „Vintage Passion” in der opti-Halle C1 vom 28. bis 30. Januar 2017 dank Sammlern wie z. B. Alexander Dosiehn, Gregor Veuilleumier, Sigi Schlögl, Lee Yule und Christian Metzler erlebbar.
Und für Designerin Sandra Battistel beispielsweise ist es ihre Inspirationsquelle für den Entwurf-, Design- und Produktionsprozess schlechthin. Dabei verfolgt die gebürtige Italienerin, die in London ihr Designbüro hat und für unterschiedliche Labels arbeitet, folgende Philosophie: „Viele Vintage-Hersteller wollen mit dem Nachbau und dem nahezu identischen Erscheinungsbild einer bestimmten Ära Eindruck auf Leute machen. Ich wollte die Nostalgie abschaffen.”
Fake-Markt für Vintage-Brillen blüht
Mittlerweile sei die Nachfrage nach Vintage-Fassungen so groß, dass ein Vintage-Fake-Markt von angeblichen Brillenklassikern blüht. Wie sich Konsumenten vor Kopien oder Neuauflagen des Originals schützen können, erklärt Robert La Roche: „Wer heutzutage Vintage-Modelle kauft, sollte aufpassen. Es werden zunehmend neugemachte, günstig hergestellte Brillen als Vintage verkauft. Augenoptiker und Kunden erkennen es beispielsweise am Bügelaufdruck CE, der erst in den 90er Jahren angebracht wurde. Fassungen mit einer solchen Kennzeichnung sind schlichtweg eine Kopie.”
Neben den negativen Begleiterscheinungen der Vintage-Hysterie liebten Menschen uneingeschränkt die Formen von Browline-, Cateye- oder Panto-Brillen. Da Retro die Kunden glücklich macht, könnten Augenoptiker ein Souvenir mit nach Hause nehmen: Sie können sich auf der Fläche „Vintage Passion” mit einer Vielzahl von Fassungsklassikern fotografieren lassen.
Erinnerungen an die „gute alte Zeit“
Doch warum lösen Retro-Produkte eigentlich so häufig Glücksmomente beim Menschen aus? „Menschen lieben Produkte aus der ,guten alten Zeit’, weil sie alte Bilder hervorrufen, für alte Werte und Einstellungen stehen sowie Erinnerungen an Vorbilder aus der eigenen Kindheit und Jugend aktivieren,” erklärtDiplompsychologe Albrecht Schnabel von der Ludwig-Maximilians-Universität in München.
„Es hat etwas Mystisches, dass Erwachsene trotz rationaler Bewertung, Einschätzung und Beurteilung alte Produkte neuen vorziehen. Werden diese Stimmungen geschickt durch Werbung oder Medien aktiviert, so fahren wir auf diese Produkte ab, da sie uns Konsumenten berühren, teilweise begeistern, erfassen- und oftmals unbewusst an Bilder, Erinnerungen, Begegnungen, Gefühle und Qualitäten erinnern, die positiv aufgeladen sind“, so Schnabel weiter.
Doch nicht nur Brillenträger erliegen der Faszination der Fassungsklassiker, sondern auch Designerinnen wie Battistel. Gefragt nach dem Grund hat sie eine einfache Antwort: „Ich erinnere mich, dass mein früherer Chef in seinem Büro in Italien eine kleine Kommode mit alten Brillenfassungen hatte. Ich verbrachte viel Zeit damit, mir die Details genau anzusehen. So lernte ich die Raffinesse von gut gemachten handwerklichen Details kennen. Daher liebe ich als Fassungsdesignerin schon immer Vintage-Fassungen.”