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56. Kolloquium der Fielmann Akademie

PBM und die Wirkung von rotem Licht auf das Auge

Anfang November 2022 fand das 56. Kolloquium der Fielmann Akademie Schloss Plön zum Thema „Wirkung von rotem Licht auf das Auge“ statt. Über 150 Zuhörer erfuhren beim Web-Seminar neue Erkenntnisse zu den Möglichkeiten der Photobiomodulation  – kurz PBM.

Licht wirke nicht nur an den Photorezeptoren der Netzhaut, sondern habe auch Wechselwirkungen mit Bestandteilen anderer Zellen, so Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. (FH) Hans-Jürgen Grein, Leiter Wissenschaft der Fielmann Akademie Schloss Plön in der Eröffnung zum 56. Kolloquium. In den letzten Jahren sei viel über die schadhafte Wirkung von blauem Licht diskutiert worden, inzwischen rücke das andere Ende des sichtbaren Spektrums in den Fokus der Wissenschaft. Bei der Wirkung des roten Lichtes gehe es allerdings weniger um Schäden, sondern vielmehr um dessen therapeutische Wirkung.

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Rotes Licht und nahes Infrarot können positive Effekte in biologischen Geweben erzeugen, so seien Erfolge bei der Wundheilung gezeigt worden, erläuterte Grein. Das angewendete Verfahren werde als Photobiomodulation (PBM) bezeichnet. Am Auge komme die PBM zur Therapie des Trockenen Auges und der trockenen altersabhängigen Makuladegeneration zum Einsatz. Trotz vieler in PubMed verfügbaren Studien fehle es jedoch immer noch an wissenschaftlich hochwertigen Wirksamkeitsnachweisen. Das war das Ergebnis einer im letzten Jahr veröffentlichen Cochrane-Metaanalyse. Das Thema sei also noch unter kontroverser Diskussion.

PBM – die Photobiomodulation

Photobiomodulation beschreibe das Phänomen, dass Licht ausgleichend in den Stoffwechsel der Zellen eingreifen und diese energetisieren können, erläuterte Anja Füchtenbusch, MSc. PBM, PB; Photobiologin, Leiterin des College for Scientific Laser Phototherapy e.V., Starnberg. In der Regel komme für die Therapie langwelliges Licht und nahes Infrarot mit Wellenlängenbereich zwischen 500 nm bis 1.200 nm zum Einsatz, da dieses am tiefsten ins Gewebe eindringe.

Normalerweise führe das Eindringen langwelliger Strahlung ins Gewebe zu Wärmeentwicklung im Gewebe. Diese Gewebeerwärmung solle bei der PBM möglichst nicht erfolgen, weshalb sogenannte Lichtquellen geringer Intensität, sogenannte kalte Lichtquellen, zum Einsatz kämen. Es sei nicht einfach, die PBM in wenigen Worten zu erläutern.

Fielmann Kolloquium 56 - Anja Fuechtenbusch
Anja Füchtenbusch, MSc. PBM, PB; Photobiologin, Leiterin des College for Scientific Laser Phototherapy e.V., Starnberg

Der Pionier dieses Verfahrens, Prof. Mike Hamblin, habe die Wirkung wie folgt beschrieben: „PBM ist mehr als eine alternative medizinische Behandlung. Es ist eine völlig neue Methode, zelluläre Prozesse zu steuern und lebende Organismen durch präzise Veränderungen in der Chemie von Biomolekülen zu modulieren. PBM ermöglicht es dem multidisziplinären Arzt oder Therapeuten, Krankheiten und andere Störungen bei Menschen und Tieren zu bekämpfen. Außerdem ist es möglich, viele verschiedene biologische Prozesse zu stimulieren oder zu hemmen, die in den meisten (wenn nicht allen) verschiedenen Lebewesen vorkommen. Man könnte sogar vermuten, dass das Phänomen der Photobiomodulation so alt ist wie das Leben selbst.“

Anwendungsbereich der PBM

Die PBM sei für viele medizinische Fachgebiete von Interesse: unter anderem Dermatologie, Zahnmedizin, Infektiologie, Sportmedizin oder Veterinärmedizin. PBM wirke antiödematös, nehme Einfluss auf die Zirkulation von Blut und Lymphe, zeige entzündungshemmende Wirkung und stelle so eine Alternative zu Cortison und nicht-steroidalen Antiphlogistika dar, auch schmerzlindernde Effekte seien beschrieben, nicht zuletzt beschleunige die PBM die Geweberegeneration und unterstütze die Wundheilung.

Abhängig von der Art und Ausprägung einer Erkrankung könne die PBM als alleinige Therapie oder unterstützend zu schulmedizinischen Therapien eingesetzt werden, empfahl Füchtenbusch. Der bekannteste Wirkeffekt der PBM sei die Aktivierung der Cytochrom-C-Oxidase. Diese finde in den Mitochondrien, den Energiekraftwerken einer jeden Zelle, statt und stelle den letzte Komplex der Atmungskette zur ATP-Freisetzung dar.

Die Cytochrom-C-Oxidase trägt verschiedene Bereiche, die als Chromophore wirken und das langwellige Licht absorbieren. Als Folge der Lichtabsorption steigt das Membranpotenzial und damit die Energie-Freisetzung der Zelle. Die vermehrte Produktion von ATP versetze den Stoffwechsel aus eigener Kraft in die Lage, apoptotische Prozesse zu stoppen und sich selbst zu regenerieren, fasste die Referentin den komplexen Vorgang zusammen.

Darüber hinaus gebe es nachgewiesene Effekte an Effektormolekülen, Transkriptionsfaktoren, der zellulären Signaltransduktion und lichtgesteuerten Ionenkanälen. Neben der vielfältigen Wirkung der PBM hob Füchtenbusch hervor, dass dieses Verfahren – richtig angewendet – keine Kontraindikationen kenne.

Das Trockene Auge

Um abschätzen zu können, ob die PBM ein wirksames Therapieverfahren sein könnte, müsse neben der Wirkung des Verfahrens die Pathogenese der zu behandelnden Erkrankung bekannt sein. Zur Pathogenese des trockenen Auges berichtete Dipl.-Ing. (FH) Sebastian Marx, M.Sc. Optometrie, Jenvis Research, Jena.

Noch 1995 sei das Trockene Auge als Störung des Tränenfilms definiert gewesen. Heute wisse man, dass es sich beim Trockenen Auge um eine multifaktorielle Erkrankung der Augenoberfläche handele, die durch eine Tränenfilmstörung oder durch neurosensorische Hintergründe hervorgerufen werde. Die häufigste Ursache für ein Trockenes Auge sei eine Meibom-Drüsen-Dysfunktion. Die Meibom-Drüsen befinden sich in der tarsalen Bindehaut des Ober- und Unterlides und produzieren eine ölige, bei Körpertemperatur klare Flüssigkeit, die die Lipidphase des Tränenfilms bilde. Diese sorge dafür, dass die Tränenflüssigkeit nicht verdunste.

Fielmann Kolloquium 56 - Sebastian Marx
Dipl.-Ing. (FH) Sebastian Marx, M.Sc. Optometrie, Jenvis Research, Jena

Die Meibom-Drüsen-Dysfunktion sei charakterisiert durch eine Verstopfung des Drüsen-Ausführungsganges oder durch eine qualitative oder quantitative Veränderung des Meibom-Sekrets. Die Therapie erfolge gemäß Empfehlung durch Auflegen warmer Kompressen, gefolgt von einer Massage der Augenlider. Ziel der Behandlung sei es, das eingedickte Sekret der Meibom-Drüsen in den Öffnungen zu verflüssigen und auszuleiten. Warme Kompressen und Massagen reichen jedoch nicht aus, um das Problem angemessen zu behandeln und die normale Funktion der Meibom-Drüsen wiederherzustellen, so Marx.

PBM bei Meibom-Drüsen-Dysfunktion

Eine relativ neue Behandlungsmethode stelle die IPL-Lichttherapie (Intense-pulsed-light-Therapie) dar. Dabei werde die Lichtenergie einer breitbandigen Lichtquelle zwischen 500 nm und 1.200 nm direkt in die Hautschichten gepulst. Dies führe sowohl zu einer gewünschten Erwärmung des Gewebes als auch zu einer verbesserten Durchblutung. Die Dauer der Energiepulse und die Lichtfrequenz der Lichtbestrahlung können individuell angepasst und die Effekte dadurch angeregt, verstärkt oder abgeschwächt werden. Erste Studien weisen darauf hin, dass höhere Intensitäten bessere Ergebnisse erzielen, so Marx.

Das Jenvis Research Institut hat die Effektivität der IPL kombiniert mit einer Low-Level-Lichttherapie (LLLT) in einer eigenen Studie, in die 38 Probanden mit Meibom-Drüsen-Dysfunktion eingeschlossen wurden, getestet. Die Probanden erhielten innerhalb von zwei Wochen vier IPL-Behandlungen. Bei jeder Behandlung wurden fünf Impulse pro Auge ausgesendet, anschließend trugen die Probanden für 20 Minuten eine Maske über die geschlossenen Augen, die nahes Infrarot auf die Haut emittierte.

Die Auswertung habe eine deutliche Verbesserung des subjektiven Trockenheitsgefühls ergeben. Objektiv konnten keine statistisch signifikanten Befundverbesserungen festgestellt werden. Marx bewertete die Photobiomodulation bei Trockenem Auge insgesamt als interessante und wirksame Therapie, stellte jedoch heraus, dass die Therapie wiederholt werden müsse und idealerweise mit anderen Therapien, wie Lidrandhygiene oder Lidrandmassagen kombiniert werden sollte.

Valeda

Seit einigen Jahren wird das Konzept der PBM auch für die Therapie der AMD eingesetzt. Die AMD sei eine komplexe, multifaktorielle Erkrankung mit demographischen, umweltbedingten und genetischen Risikofaktoren, erläuterte Prof. Dr. Michael Koss, MHBA, Augenchirurg, Augenzentrum Nymphenburger Höfe, Augenklinik Herzog Carl Theodor, München.

Bislang gebe es keine wirksame schulmedizinische Therapie. Der größte Risikofaktor für die Ausbildung einer AMD ist das Alter, gefolgt vom Rauchen. Seit einigen Jahren werden zudem genetische Faktoren diskutiert, die eine Reihe von Stoffwechselwegen mit der Entwicklung einer AMD in Verbindung bringen. Valeda sei das erste Gerät, dass zur Therapie der trockenen AMD entwickelt und zugelassen sei.

Fielmann Kolloquium 56 - Michael Koss
Prof. Dr. Michael Koss, MHBA, Augenchirurg, Augenzentrum Nymphenburger Höfe, Augenklinik Herzog Carl Theodor, München

Das System setze drei verschiedene lichtemittierende Dioden ein, um die Zellfunktion und Stoffwechselaktivität zu stimulieren und die Zellregeneration zu aktivieren. Die applizierbare Wellenlänge von 590 nm bewirke eine Reduktion der VEGF-Produktion sowie eine Verminderung zellulärer Ablagerung. Die Wellenlänge 660 nm verbessere die Sauerstoffbindung der Cytochrom-C-Oxidase und wirke anti-entzündlich. Die dritte Wellenlänge von 850 nm stimuliere die metabolischen Aktivität, wirke entzündungshemmend und vermindere den Zelltod.

Therapie-Effekte

Das Therapieschema variiere von Zentrum zu Zentrum, da die Protokolle basierend auf neuen Erkenntnissen immer wieder angepasst würden. Koss selbst führe die Therapie in seinem Zentrum in zwei vierwöchigen Zyklen pro Jahr mit jeweils neun Sitzungen durch. Die Behandlungsdauer pro Sitzung betrage etwa sechs Minuten pro Auge.

Vor Beginn der Therapie führe Koss ein ausführliches Beratungsgespräch, in dem er die Patienten über die Therapie und den zu erwartenden Behandlungserfolg aufkläre. Die PBM sei eine prophylaktische Therapie, bei der es darum gehe, die Progression der Erkrankung zu verlangsamen. Darüber hinaus sei ihm wichtig, dass seine Patienten wüssten, dass es derzeit keine schulmedizinische Behandlungsoption gebe.

In Abhängigkeit des zentralen Visus werden die Patienten ein oder zweimal pro Jahr in der AMD-Sprechstunde angeschaut. Die Therapie werde durch ein enges Monitoring der wesentlichen Sehfunktionen begleitet. So werde nach internationalem Standard die zentrale Sehschärfe nach EDTRS erhoben. Bei Einführung der Therapie habe große Hoffnung auf eine Verbesserung des Kontrastsehens bestanden, diese habe sich über die Zeit jedoch nicht bestätigen können.

„Wir sehen post-Valeda, dass sich die Zeitungslesefähigkeit verbessert“, die Lesegeschwindigkeit, die mittels Radner Lesetafeln erhoben werde, bleibe stabil. Im Macular Mapping zeigen die Patienten post-Therapie eine messbare Verbesserung. Koss sehe die PBM als eine hoffnungsvolle Therapie bei trockener AMD, wenngleich nicht jeder Patient in gleichem Ausmaß profitiere.

Eine spannende Abschlussdiskussion, in der auch auf die noch offenen Fragestellungen und ausstehenden wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweise im Zusammenhang mit der PBM hingewiesen wurde, rundete dieses 56. Kolloquium ab.

 

Das 57. Kolloquium der Fielmann Akademie Schloss Plön findet wieder als Web-Seminar am 1. März 2023 statt.

 

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