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Nicht „nur“ schöne Brillen verkaufen

Sicht.Kontakte: Themen, die die Augenoptik beschäftigen

Die Sicht.Kontakte in Berlin zogen auch 2023 viele Augenoptiker, Optometristen und Industrie-Vertreter an. Die dreitägige Veranstaltung Anfang Oktober lockte wieder mit Fachvorträgen und Workshops, um Innovationen oder Forschungs-Ergebnisse mit Relevanz für die Branche aus erster Hand zu erfahren.

Sicht.Kontakte 2023: Stephan Hirschfeld VDCO, Beate Göpel IVBS, Christian Müller ZVA
Sicht.Kontakte 2023: Die drei Ausrichter durften wieder einmal zufrieden mit ihrem dreitägigen Event sein (von links): Stephan Hirschfeld (Vorsitzender der VDCO), Beate Göpel (Präsidentin der IVBS) und ZVA-Präsident Christian Müller

Die Veranstalter – Internationale Vereinigung für Binokulares Sehen (IVBS), Vereinigung deutscher Contactlinsen-Spezialisten und Optometristen (VDCO) und Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen (ZVA) dürfen zufrieden auf die Tage zurückblicken, auch wenn der von der Hauptstadt etwas abgelegene Veranstaltungs-Ort nicht jedermanns Zuspruch fand.

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Am Freitag und Samstag hatten die rund 430 Besucher die Qual der Wahl, sie mussten sich zwischen bis zu vier parallel angebotenen Workshops entscheiden. Bei den Themen „Kinderoptometrie: Ein praxisorientierter Untersuchungs-Ablauf“, „Myopie – Die 10 häufigsten Missverständnisse im Myopie-Management“ oder zum Beispiel „Inspektion des vorderen Augenabschnitts mit der Spaltlampe“ taten sich viele schwer, das Passende auszusuchen. Für die völlig Unentschlossenen blieb dann auch noch die Industrie-Ausstellung mit 24 Ständen, die alleine jede Menge wertvolle Informationen bot.

VDCO-Young-Vorträge fanden Anklang

Großen Anklang fanden die VDCO-Young-Vorträge, bei denen unter anderem die Ergebnisse zur Treatment-Zonengröße nach der Orthokeratologie-Anpassung vorgestellt wurden. Die Resultate zeigen, dass sich je nach Größe und Form der Treatment-Zone unterschiedliche Voraussetzungen für die Erfolge einer ortho-keratologischen Anpassung ergeben. Durch kleine Zonen-Durchmesser kann die Effektivität der Ortho-K-Anpassung zum Beispiel beim Myopie-Management gesteigert werden, die Sehqualität allerdings wird dadurch negativ beeinflusst. Das sollte bei der Auswahl der richtigen Versorgung beim Myopie-Management berücksichtigt werden.

Dass Myopie-Management weiterhin eine Hauptrolle in der Branche spielt, machten die Tage in Berlin wieder deutlich. „Die Leute kommen doch zu den Sicht.Kontakten oder zur opti, um sich über das Thema zu informieren. Deswegen ist es wichtig, ihnen eine Plattform zu bieten, denn wir haben jetzt die Chance, Myopie-Management bei den Endverbrauchern so zu positionieren, damit es eine Erfolgsstory wird“, erklärte Thorsten Boss, der als Vertriebsleiter Deutschland von Oculus Optikgeräte mitten im Geschehen war.

Auch Robert Mergenthal freute sich als einer der Geschäftsführer der neyece GmbH, dass „sein“ Thema eine solche Bühne erhielt, „und dieses durch einige hervorragende nationale und internationale Referenten gebührend präsentiert wurde. In diesem Kontext rückt die Kinderoptometrie sowie die in den meisten Betrieben in Vergessenheit geratene Skiaskopie in den Vordergrund. Auch hierzu wurden im Programm einige Highlight-Vorträge als auch Workshops für die Besucher bereitgestellt.“

Plastikverbrauch bei Kontaktlinsen

Augenoptik sei eben mehr, als „nur“ schöne Brillen zu verkaufen. Und so steigt auch ein völlig anderes Thema stetig im Kurs: Beim VDCO-Young-Vortrag über Nachhaltigkeit und den Plastikverbrauch bei Kontaktlinsen erläuterte Jennifer Veil, dass bei der Herstellung von Kontaktlinsen momentan immer noch auf Neuplastik zurückgegriffen werden muss. Sie zeigt in ihrer Studie allerdings auch auf, dass die Hersteller sehr daran interessiert sind, nachhaltig zu arbeiten und Wege suchen, umweltbewusst zu agieren. Das vorgestellte Ergebnis verdeutlicht, dass die Richtung in Bezug auf eine nachhaltige Herstellung von Kontaktlinsen stimmt – es allerdings noch viel zu verbessern gibt.

Besonders bei den Vorträgen der VDCO Young waren viele Studierende und jüngere Menschen im Publikum, die offensichtlich Lust darauf haben, neue Impulse zu setzen und Begeisterung für die Augenoptik versprühen. Es waren indes nicht nur die jungen Leute, die am Ende des ersten Veranstaltungs-Tages den Abend bei guter Musik und leckeren Getränken ausklingen ließen.

Veranstaltungs-Ort nur Randnotiz

Die gute und ausgelassene Stimmung am Abend war auffällig, hinderte aber kaum jemanden daran, am nächsten Vormittag wieder pünktlich um 9.45 Uhr den Vortrag von Dr. Justin Kwan aus den USA anzuhören. Der Applaus verdeutlichte, dass Dr. Kwan einen über den Tellerrand hinausschauenden Vortrag zum Thema Myopie gehalten hatte. Er trug viele Argumente vor, die zu einem funktionierenden Myopie-Management führen können und veranschaulichte eine Studie von CooperVision begeisternd, anschaulich und mit einer besonderen Note.

Sicht.Kontakte 2023: Dr. Justin Kwan, USA
Dr. Justin Kwan aus den USA schaute über den Tellerrand hinaus und trug viele Argumente vor, die zu einem funktionierenden Myopie-Management führen können

So blieb der für manchen Besucher im „Nirgendwo“ gelegene rund eine Autostunde von Berlin entfernte Veranstaltungsort aufgrund des Programms nur eine Randnotiz. Diejenigen, die auch an einem Alternativ-Programm Gefallen gefunden hätten, haderten mit der Lage des Hotels. Die anderen machten aus der Not eine Tugend und füllten die verschiedenen Plätze und Räume mit Leben und Themen, die die Branche in diesen Zeiten beschäftigen.

Nachhaltige Strategien für die Augenoptik

Die Delegierten des Zentralverbandes der Augenoptiker und Optometristen (ZVA) trafen sich im Rahmen der „Sicht.Kontakte“ wie immer zur Obermeistertagung und außerordentlichen Mitgliederversammlung. Neben der aktuellen Branchen-Entwicklung stand dabei das Thema „teleophthalmologische Angebote“ auf der Tagesordnung.

Zunächst aber wurde Peter Remm mit dem ZVA-Ehrenzeichen in Silber geehrt. Über 25 Jahre war Remm ehrenamtlich für die Augenoptiker-Innung Hannover, den Landesinnungsverband des Augenoptikerhandwerks in Niedersachsen und Bremen und den ZVA tätig. ZVA-Präsident Christian Müller dankte dem Augenoptikermeister unter anderem für seine Beharrlichkeit und sein Wirken für die Aus- und Fortbildung und Mitgestaltung der Zukunft des Berufsstands.

Dr. med. Claus Gruber von der Mirantus Health GmbH stellte später ein Konzept zur Augen-Untersuchung in Senioren- und Pflegeheimen vor, das Ophthalmologie und Optometrie verknüpft. In sieben deutschen Bundesländern gibt es aktuell Angebote mit einem mobilen Versorgungssystem durch Mirantus: Ein Augenarzt in der Region delegiert dabei die Untersuchung an Optometristen und geschulte Augenoptikermeister mit einer mobilen Eyecare-Unit.

Die Daten werden in eine Telemedizin-Plattform mit eigener Einschätzung des Optometristen eingespeist, Diagnose und Behandlung erfolgen durch den Arzt. Zum Angebot gehören Anamnese, Refraktion, Visusbestimmung, Tonometrie, Untersuchung des vorderen und hinteren Augenabschnitts mittels Spaltlampe, Funduskamera und gegebenenfalls OCT. Laut Studien erweise sich der teleophthalmologische Ansatz zur Vorsorge in Senioren-Einrichtungen als effizient – das Beispiel könnte also durchaus in Zukunft und auch außerhalb vom Seniorenheimen Nachahmer finden.

Alter Vorstand, neue Preisträger

Im Rahmen der drei Tage in Berlin wählten die Mitglieder der Vereinigung deutscher Contactlinsen-Spezialisten und Optometristen (VDCO) bei der Jahres-Hauptversammlung den VDCO-Vorstand für die kommenden drei Jahre: Stephan Hirschfeld wurde dabei als erster Vorsitzender genauso bestätigt wie das gesamte Vorstandsteam. Esther Adam-Pennewitz und Ralf Bachmann bleiben wie bislang stellvertretende Vorsitzende, Florian Ambros bleibt Schatzmeister, Reya Kons bleibt Schriftführerin und Marieh Esmaeelpour und Amelie Neubert bleiben Beisitzerinnen.

Neu in den Vorstand gewählt wurde Thomas Mühlberg, er rundet das Team als Beisitzer ab. Reinhard Fröhlich stellte sich nach 21-jähriger Vorstands-Arbeit für die VDCO nicht mehr zur Wahl und wurde gebührend verabschiedet.

Ein wichtiger Teil des Kongresses ist für die VDCO die Würdigung von Forschungs- und Abschluss-Arbeiten im Bereich der Optometrie und Kontaktlinsen. So vergibt die Vereinigung jährlich drei Preise an den Nachwuchs.

Der Peter-Abel-Preis wurde in diesem Jahr von der VDCO gesponsert und mit 2.000 Euro dotiert. Die Preisträgerin ist Dr. Birgit Fritz. Mit ihrer eingereichten Dissertation über „Die Brillen-Mikrobiota und ihre hygienische Bedeutung“ setzte sie sich gegen viele andere Bewerbungen durch.

Den Gunter-Schamberger-Preis für die beste Abschluss-Arbeit von Studierenden, den Alcon Pharma mit 1.000 Euro dotierte, erhielten in diesem Jahr Laura Dietrich und Annika Keller mit ihrer gemeinsamen Master-Arbeit „Entwicklung einer Lernapp für die Optometrie und deren praktische Erprobung: LAOLA“.

Ein großer Glückwunsch gebührt ebenso der Preisträgerin des Rolf-Weinschenk-Preises für das beste Poster mit dem Themenschwerpunkt Best Practice und Innovation in der Kontaktlinsen-Optik von Jessica Gruhl. Ihre Arbeit „Orthokeratology and Vision Requirements for Driver Licensing“ gewann die Abstimmung während des Kongresses mit Abstand. Der Rolf-Weinschenk-Preis hat eine lange Tradition. Das Preisgeld in Höhe von 500 Euro sponsert jährlich Hecht Contactlinsen.

„Über den Fassungsrand hinausblicken“

Höhepunkt wie Abschluss der „Sicht.Kontakte“ ist traditionell der Tag der Optometrie. Christian Müller war es als Präsident des Zentralverbands der Augenoptiker und Optometristen (ZVA) am Sonntagmorgen vorbehalten, die Eröffnungsworte zu sprechen, ehe es wie gewohnt wissenschaftlich zur Sache ging.

Dr. Stephan Bandlitz, Direktor der Höheren Fachschule für Augenoptik und Optometrie Köln (HFAK), legte den Grundstein für das Programm mit seiner Präsentation der Zwischen-Ergebnisse einer aktuellen ZVA-Studie, anhand derer Erkenntnisse über die Fahr-Eignung von Ortho-K-Linsenträgern erwartet werden. Darauf folgte unter anderem Josefine Dolata, Dozentin der Ernst-Abbe-Hochschule Jena. Sie stellte die Einflüsse und Anwendungs-Möglichkeiten unterschiedlicher Lichtfarben auf das visuelle System vor.

Sicht.Kontakte 2023: Maarten Hobé und Dr. Stephan Bandlitz (HFAK)
Dr. Stephan Bandlitz (rechts), Direktor der Höheren Fachschule für Augenoptik und Optometrie Köln (HFAK), legte den Grundstein für das Programm am Tag der Optometrie; links im Bild Moderator Maarten Hobé

Später hielt Bernhard Peuckert fest, welche Ziele und Untersuchungs-Arten passend zum Kindes-Alter und deren Entwicklung sind. Hintergrund des Vortrags des Vorstandsmitglieds der Internationalen Vereinigung für Binokulares Sehen (IVBS) ist, dass die visuelle Entwicklung von Kindern von den Bedingungen abhängig ist, die nach der Geburt vorliegen. Und in der Folge optometrische Untersuchungen besonders in den ersten sechs Lebensjahren wichtig sind, um spätere Einschränkungen zu vermeiden.

Unter der Moderation von Maarten Hobé wurde es dann international. Dr. Daniela Oehring, Professorin an der Universität Plymouth, thematisierte in ihrem Vortrag alternative Behandlungs-Möglichkeiten des Glaukoms. Und die Niederländerin Dr. Annemieke Coops, Expertin für Neuro-Optometrie, gab in englischer Sprache einen Überblick über den Rehabilitations-Prozess des Ungleichgewichts im autonomen Nervensystem, das Beschwerden wie Schwindel und Licht-Empfindlichkeit zur Folge hat.

Der Tag der Optometrie 2023 machte mit seinem Programm und mit einem passenden Quiz darauf aufmerksam, dass man für die Optometrie „über den Fassungsrand hinausblicken muss“.

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Bilder: Sabine Siegmund, ZVA / Peter Magner

 

Artikel aus der eyebizz 1.2024 (Dezember/Januar)

 

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